Die Fähigkeit zur Selbstreflexion ist eines der Schlüsselelemente einer erfolgreichen Führungskraft. Als Führungskraft sind Sie ein Vorbild für das Team und sollen Sicherheit vermitteln und Motivation vorleben. Daher ist es umso wichtiger, diese Rolle gut zu erfüllen und bei Bedarf Korrekturen vorzunehmen. Methoden der Selbstreflexion können Ihnen helfen, Ihren Führungsstil von außen nach innen zu verbessern. In diesem Artikel stelle ich Ihnen das Terry-Borton-Modell vor, wie es Ihnen helfen kann und welche Vorteile es bietet.

Das Ziel von Terry Borton war es, Selbstreflexion so einfach wie möglich zu machen. Anfang der 1970er-Jahre entwickelte er ein einfaches Modell, mit dem seine Schüler ihre Leistung überprüfen konnten. Im deutschen Sprachraum wird von der Reflexionsspirale gesprochen. Das Modell ist sehr einfach aufgebaut und lässt sich schnell anwenden. Dafür müssen folgende drei Fragen beantwortet werden:

  • what?”(Beschreibung der Ereignisse)
  • so what?“ (Analyse des Verhaltens)
  • now what?“ (Pläne für die Zukunft)

John Dewey sagte, dass wir nicht aus Erfahrungen lernen; Wir lernen, indem wir unsere Erfahrungen reflektieren. Reflexion hilft uns, Lehren aus unseren vergangenen Erfahrungen zu ziehen, die uns dann helfen können, in Zukunft bessere Leistungen zu erbringen.

Wie fange ich mit der Selbstreflexion an?

Entscheiden Sie zuerst, was Sie reflektieren möchten. Egal, ob es sich um Ihre Arbeitsleistung in der letzten Woche oder Ihre Leistung in Beurteilungsgesprächen oder allgemeiner gesagt um Ihre Leistung als Führungskraft im vergangenen Monat handelt. Es kann hilfreich sein, diese Fragen schriftlich zu beantworten. In der Selbstreflexion sollten Sie sich selbst kritisch hinterfragen, aber nicht zu hart über sich selbst urteilen. Wichtig ist, auch zu sich selbst freundlich und vor allem konstruktiv zu sein.

Terry-Borton-Modell konkret anwenden

Wie oben erwähnt, durchlaufen Sie zur Reflexion einer Situation folgende drei Fragen. 

1. Was ist passiert? (What?)

In diesem ersten Schritt beschreiben Sie, was in Bezug auf die Aufgabe, das Ereignis oder die Erfahrung passiert ist. Dies sollte kurz und bündig beschrieben werden. Was passiert ist und was Sie und andere getan haben. Einige Fragen, die Sie stellen könnten, sind:

  • Was ist passiert?
  • Was habe ich gesehen/gesagt/getan?
  • Was haben andere Beteiligte gesehen/gesagt/getan?
  • Was war meine Reaktion darauf?
  • Was ist Ihnen besonders aufgefallen? 
  • Was hat gut funktioniert und was nicht? 

Beispiel: Meine Führungskraft hat meine Vorgehensweise beim letzten Projekt kritisiert. Er war mit dem Ergebnis nicht zufrieden, weil die Erwartungshaltung viel höher lag. Ich habe verärgert reagiert! Die Stimmung zwischen uns verschlechterte sich.

In diesem Schritt geht es nicht um das WARUM. Stellen Sie sich vor, einen inneren Beobachter zu haben, der Sie ganz wertfrei betrachtet. Der wichtigste Teil der ersten Phase ist, ehrlich zu sich selbst zu sein und die Situation so objektiv wie möglich zu beschreiben – auch wenn Sie feststellen, dass Sie mit Ihrem Handeln nicht zufrieden sind.

2. Analysephase? (So What?)

Dies ist eine Analyse des Ereignisses. Hier versuchen Sie zu verstehen, was in der von Ihnen beschriebenen Situation passiert ist, und zu überlegen, was Sie hätten anders machen können. Warum geschahen die Dinge so, wie sie geschahen? Einige Fragen, die Sie stellen könnten, sind:

  • Wie habe ich mich in dieser Situation gefühlt?
  • Wie ist es dazu gekommen?
  • Warum habe ich so reagiert?
  • Was waren die Auswirkungen dessen, was ich getan (oder nicht getan) habe?
  • Wie hat mein Gegenüber reagiert?
  • Was können wir als Erfahrung mitnehmen?

Beispiel: Ich fühle mich zu Unrecht kritisiert und für die Fehler anderer verantwortlich gemacht. Dieses Gefühl der Ungerechtigkeit macht mich wütend. Jedenfalls hatte ich auch vorher viel Stress. Durch meine Reaktion habe ich die Gelegenheit verpasst, meine Führungskraft zu beeindrucken.

In diesem Schritt möchten sie herausfinden, warum die Situation genau so passiert ist, wie sie passiert ist. Ziel ist es, diesen Prozess besser zu verstehen. Hinterfragen Sie auch die Stärken und Schwächen Ihrer Antworten.

3. Was Jetzt? (Now What?)

Im letzten Abschnitt geht es darum, die Ergebnisse aus der vorangegangenen Analyse zu verwenden, um sich selbst zu verbessern. Hier müssen Sie darüber nachdenken, was als Nächstes zu tun ist und welche möglichen Konsequenzen Ihr Handeln hat. Einige Fragen, die Sie stellen könnten, sind:

  • Was möchte ich beim nächsten Mal anders machen?
  • Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die ich aus der Reflexion ziehe?
  • Was genau soll ich tun?
  • Welche Hilfe brauche ich, um die Ergebnisse meiner Überlegungen umzusetzen?
  • Welche Aspekte sollten zuerst angegangen werden?
  • Was kann ich langfristig aus dieser Situation lernen?

Damit der Selbstreflexion Prozess erfolgreich ist, sollten Sie aktiv daran arbeiten, einige Dinge zu ändern. Viele Menschen ziehen es vor, unbewusst und ohne Ziel an sich selbst zu denken. Diese Vorgehensweise wird zu keinem Fortschritt führen. Bevor Sie anfangen zu analysieren, finden Sie die richtige Balance, damit Sie sich nicht zu viel analysieren. Wenn Sie in jeder Situation an sich und Ihre Verhaltensmuster denken, kann dies zu Unsicherheiten führen und das Selbstwertgefühl negativ beeinflussen.

Grundregeln für das Terry-Borton-Modell

Um das Beste aus dem Terry-Borton-Modell herauszuholen, gibt es einige Grundregeln zu beachten:

Kritisch sein: Für diese Methode müssen Sie bereit sein, sich selbst kritisch zu hinterfragen. Mit einer „Ich habe immer recht“-Einstellung wird diese Methode nicht funktionieren.

Fair sein: Sie müssen fair mit sich selbst umgehen. Sie müssen nicht um jeden Preis einen Fehler bei sich selbst finden. Legen Sie einen fairen Maßstab für sich und andere fest.

Konstruktiv sein: Mit diesem Modell können Sie Ihre zukünftigen Aktionen und Reaktionen verbessern. Hierzu müssen Sie konstruktiv sein. Stellen Sie sicher, dass Sie Lernerfolge erzielen.

Mögliche Einsatzgebiete: Sie können das Terry-Borton-Modell verwenden, um viele Situationen zu reflektieren und daraus zu lernen. Dieses Modell ist besonders geeignet, wenn Sie ein unangenehmes Erlebnis hatten oder sich anders verhalten wollten. Weitere Anwendungsbeispiele sind wie folgt:

  • Streit und Ärger
  • Dialog und Diskussion
  • Probleme und Lösungen
  • Leistung und Erfolg

Fazit

Methoden und Konzepte der Selbstreflexion gibt es viele. Diese können gleichermaßen erfolgreich sein und Ihre Reflexion unterstützen. Das Terry-Borton-Modell hat mehrere Vorteile:

Es ist einfach: Der größte Vorteil ist die einfache Handhabung. Andere Modelle sind oft aufwendiger und kompliziert. Der Ansatz von Terry Borton kommt mit drei simplen Leitfragen aus. Sie müssen sich nicht erst einlesen oder verstehen, um es einsetzen zu können. Zudem brauchen Sie keine Hilfsmittel oder Materialien.

Soll wiederholt werden: Dieses Modell ist nicht als einmalige Maßnahme gedacht, sondern als wiederkehrende Routine.  Wenden Sie beim nächsten Mal an, was Sie aus der letzten Situation gelernt haben, und beginnen Sie eine neue Reflexion auf der Grundlage dieser Erfahrung. Deshalb wird auch von Reflexionsspirale gesprochen, da es keinen Endpunkt gibt.

Es hat Struktur: Diese Fragen bringen eine Struktur in die Analyse, die Sie als Leitfaden verwenden können. Das hilft Ihnen dabei, zielgerichtet vorzugehen und umsetzbare Ergebnisse zu erzielen.

 Literaturempfehlung: “Reach, Touch and Teach”  – Terry Borton