Die Stacey-Matrix ist ein wertvolles Werkzeug, das hilft, den Grad der Komplexität in Projekten zu bestimmen und die richtige Vorgehensweise für deren Management auszuwählen. In der dynamischen Welt des Projektmanagements stoßen Teams auf unterschiedliche Herausforderungen, die von einfachen, gut strukturierten Aufgaben bis hin zu hochkomplexen und unsicheren Szenarien reichen.

Genau hier setzt die Stacey-Matrix an, indem sie Klarheit darüber schafft, wann traditionelle Methoden wie Wasserfall und wann agile Ansätze wie Scrum oder Kanban sinnvoll sind. Dieser Artikel erläutert die Funktionsweise der Stacey-Matrix und zeigt, wie sie dazu beitragen kann, fundierte Entscheidungen in Bezug auf Projektmanagementstrategien zu treffen.

Zusammenfassung

Diese Vorgehensweise unterscheidet vier Projektkontexte: Im einfachen Kontext besteht ein
eindeutiger und offensichtlicher Zusammenhang von Ursache und Wirkung und es lassen sich
optimale Lösungen finden (»Best Practice«). Im komplizierten Kontext ist der Zusammenhang
von Ursache und Wirkung schwieriger zu durchschauen und erfordert das Wissen von
Experten, die nach einer brauchbaren Lösung suchen (»Good Practice«).

Im komplexen Kontext lassen sich keine klaren Ursache-Wirkungs-Beziehungen ermitteln und die besten Lösungen können erst im Nachhinein erkannt werden (»Next Practice«). Im chaotischen Führungskontext sind die Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung unklar und es ist sinnlos, nach richtigen Lösungen zu suchen.

Ein Projektleiter sollte in Abhängigkeit vom Projektkontext handeln und dabei flexibel auf Gefahrensignale reagieren, klare Kommunikationswege schaffen, die richtigen Aufgaben priorisieren, relevante Informationen bereitstellen und die Führung entsprechend anpassen. Die kontextbedingte Vorgehensweise erfordert regelmäßige Bewertungen des aktuellen Projektstatus, um die passenden Methoden aus klassischen, agilen oder hybriden Ansätzen zu wählen.

Die Stacey-Matrix hilft dabei, diese Entscheidungen zu treffen und sicherzustellen, dass die Methode dem jeweiligen Komplexitätsgrad entspricht. Dies ermöglicht es dem Projektleiter, das Projekt effizienter zu steuern und auf Herausforderungen angemessen zu reagieren.

Problemstellung

Die heutige Welt ist von ständigen Veränderungen geprägt. Diese wirken sich auch auf die Unternehmen aus. Durch die stetige Veränderung der Rahmenbedingungen, erschwert dieser Zustand Projektleitern, die geeignete Projektmanagementmethode zu finden, um Ihr Projekt erfolgreich im Unternehmen umzusetzen.

Zielsetzung

Dieser Beitrag skizziert eine Vorgehensweise, die eine situative Auswahl der geeigneten Projektmanagementmethode gewährleistet.

Methodik

Das methodische Vorgehen zur Erreichung der Zielsetzung besteht aus der Klassifizierung des Projektes in Form der Stacey-Matrix. Durch das Ermitteln vom benötigtem Wissen über das Projekt kann die Klassifizierung somit auch die Auswahl der Projektmanagementmethode stattfinden.

Vorteile

Schnelle und genaue Bestimmung der Projektmanagementmethode.

Ergebnis

Der Projektleiter weiß, welche Projektmanagementmethode für sein Projekt am geeignetsten ist.

Risiko

Neben der geeigneten Auswahl der Projektmanagementmethode muss der Projektleiter diese Methode beherrschen. Wenn das nicht der Fall ist, kann das den Auswahlprozess verfälschen.

Abgrenzung

In diesem Dokument werden keine…

  • Projektmanagementmethoden im Detail erklärt,
  • Prozesse zur Vergabe des Projektauftrages beschrieben,
  • Inhalte für die Projektdurchführung geteilt,
  • Informationen über die Ermittlung des Reifegrades eines Projektmanagers geteilt.

Dieses Dokument bewertet keine klassischen oder agilen Ansätze oder präferiert eine bestimmte Projektmanagementmethode!

Umsetzung

Voraussetzung

  • Das Projekt muss für die Umsetzung freigegeben sein.
  • Die Auftragsklärung muss abgeschlossen sein

Vorbereitung

Die Projektmanagementmethoden, die in dem Unternehmen gelebt werden, müssen in die Stacey-Matrix, wie in Abbildung 3 dargestellt, eingetragen werden.

Benötigte Hilfsmittel

  • Analog: Zettel und Stift / Digital: PowerPoint
  • Analog: Durchführung in einer Gruppe: Flipchart oder Whiteboard, Stifte, ggf. Karten oder Klebezettel / Digital: MURAL Board

Empfohlene Vorgehensweise 

  1. Bestimmen der Wissenskategorie (Abbildung 2)
  2. Auswahl der Projektmanagementmethode (Abbildung 3)

Theoretische Grundlagen

Stacey Matrix

Die Stacey-Matrix geht auf den britischen Professor für Management Ralph Douglas Stacey (*1942) zurück, der sich mit Organisationstheorie und komplexen Systemen befasst. Die Stacey-Matrix visualisiert den Zusammenhang zwischen der Genauigkeit, mit der das Projektziel spezifiziert ist und der Kenntnis der Projektmanagementmethode, mit dem es erreicht werden kann. In der Darstellung (Abbildung1) werden die Bereiche der Stacey-Matrix von “einfach” (klares Ziel und klarer Lösungsansatz) über “kompliziert” und “komplex” bis hin zu “chaotisch” (sowohl Ziel als auch Vorgehen sind unbekannt) aufgeteilt. Entlang dieser Skala die Wahl der Projektmanagementmethode (klassisch bis agil) aufgetragen.

Stacey Matrix – Auswahl Projektmanagement Methode
Abbildung1: Stacey-Matrix – Auswahl Projektmanagement Methode

Projektkontexte

Um eine Klassifizierung durchführen zu können, werden den vier Bereiche der Stacey-Matrix Projektkontexte zugeordnet. Ein Projektkontext beschreibt die Ursache-Wirkungs-
Beziehungen, Lösungsansätze und Reaktionsszenarien. Um eine geeignete Projektmanagementmethode bestimmen zu können, müssen die Informationen aus der
Auftragsklärung auf die vier Projektkontexte aufgelöst werden.
Die Projektkontexte lauten:

  • Einfacher Projektkontext
  • Komplizierter Projektkontext
  • Komplexer Projektkontext
  • Chaotischer Projektkontext

Einfacher Projektkontext

In diesem Kontext besteht ein eindeutiger und offensichtlicher Zusammenhang von Ursache
und Wirkung. Die Suche nach optimalen Lösungen (Best Practice) erfolgt nach dem Schema
Erkennen, Kategorisieren und Reagieren. Dies gilt für viele Anforderungen, die aus anderen
Projekten bekannt sind, wie etwa die Vertragsabwicklung. Das Projektumfeld und die
Anforderungen an das Projekt sind ausreichend bekannt und gut planbar. Je nach Reifegrad
der Mitarbeiter lassen sich hier z.B. Checklisten anwenden. Hierdurch werden den
Projektmitarbeitern klare Vorgaben gemacht und deren Ausführung laufend durch den
Projektmanager überprüft.


Komplizierter Projektkontext

Dieser Kontext erfordert das Erkennen des Zusammenhangs zwischen Ursache und Wirkung,
also das Wissen von Experten, Unternehmensberatern oder Wissenschaftlern. Die Suche nach
brauchbaren Lösungen (Good Practice) erfolgt durch Erkennen, Analysieren und Reagieren.
Hierfür eignen sich klassische Methoden wie das Wasserfallmodell, Meilensteintrans Analyse
(MTA) oder Projektstrukturplan (PSP). Der Projektmanager erarbeitet Lösungen mit mehreren
Experten und wählt anschließend selbst oder in Abstimmung mit den Experten und den
Projektmitarbeitern ein Vorgehen aus.

Komplexer Projektkontext

Mangels klarer Ursache-Wirkungs-Beziehungen und sich ständig verändernder
Umweltzustände erfordert die Suche nach einer Lösung in einem komplexen Projektkontext
ein experimentelles Ausprobieren (Next Practice) und anschließendes Erkennen und Reagieren.
Das bedeutet das hier keine klaren Ursache-Wirkung-Beziehungen zu erkennen sind. Die
Zusammenhänge und die richtige Vorgehensweise werden während des Projektes optimiert
(Next Practice). Hierfür eignen sich agile Methoden wie SCRUM oder Kanban.

Chaotischer Projektkontext

In diesem Kontext sind die Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung nicht mehr
herzustellen. Es muss zuerst der Weg des Erkennens gewährleistet werden. Hier ist es nicht
sinnvoll, nach einer Projektmanagementmethode zu suchen. Es muss zunächst der
Projektkontext mindestens auf die Komplex-Ebene aufgelöst werden.

Einfache und komplizierte Projektkontexte sind geordert, weshalb die dabei auftretenden
Herausforderungen analysiert und systematisch gelöst werden können. Komplex und
chaotische Projektkontexte sind eher ungeordnet. Die Herausforderungen sind nicht
durchschaubar und die Übergänge sind nicht trennscharf. Zusätzlich erschwert die dynamische
Veränderung des Projektumfelds, eine klare Bestimmung der Methode. Daher ist es wichtig, den
Projektkontext aus dem chaotischen Bereich zu befreien.

Die richtige Auswahl des Projektkontextes

Um den richtigen Projektkontext auszuwählen, zu können ist es wichtig das benötigte Wissen
für die Methode zu bewerten. Je nach Projektkontext ist das benötigte Wissen für die Methode
in unterschiedlichem Ausmaß verfügbar.

Einfache und komplizierte Projektkontexte sind geordnet, weshalb die dabei auftretenden
Probleme analysiert und systematisch gelöst werden können. Komplexe und Chaotische
Projektkontexte sind dagegen ungeordnet. Hierbei ist das zu lösendes Problem
undurchsichtig und muss im Projektverlauf kontinuierlich korrigiert werden. Auf der anderen
Seite kann Wissen nach dessen Bekanntheit und Erkennbarkeit unterschieden werden.
Erkennbares Wissen lässt sich prinzipiell ermitteln, auch wenn es derzeit nicht bekannt ist.
Unerkennbares Wissen bleibt hingegen verborgen.

Die Übergänge zwischen den Projektkontexten sind nicht trennscharf! Diese Unschärfe führt
dazu, dass bei der Auswahl einer geeigneten Methode eine Mischung aus klassischen und
agilen Methoden (Hybrid) als Ergebnis herauskommen kann. Dies führt zu den unten
dargestellten Wissenskategorien (Abbildung 2), anhand derer in vier Situationen der passende
Bereich ausgewählt werden kann.

Durch diese Herangehensweise kann je nach Projektkontext eine Handlungsempfehlung
ausgesprochen werden. Folgende vier Handlungsempfehlungen gibt es:

  • Kategorisieren: Bekanntes Wissen – Wir wissen alles, was wir wissen müssen. Erkennen, Kategorisieren und Reagieren → Einfacher Projektkontext.
  • Analysieren: Erkanntes unbekanntes Wissen – Wir wissen, was wir nicht wissen. Erkennen, Analysieren und Reagieren → Komplizierter Projektkontext.
  • Ausprobieren: Unerkanntes unbekanntes Wissen – Wir wissen nicht, was wir nicht
    wissen. Ausprobieren, anschließendes Erkennen und Reagieren → Komplexer
    Projektkontext.
  • Handeln: Unbekanntes Wissen – Wir wissen gar nicht! Handeln, analysieren und erkennen → Chaotischer Projektkontext.

In einfachen Projektkontexten mit standardisierten, bekannten Abläufen ist agiles Handeln kein
geeignetes Vorgehen, weil es ineffizient ist. Agilität ist vor allem dann wichtig, um schnell auf
Änderungen durch die Stakeholder zu reagieren. In chaotischen Projektkontexten dagegen
sollte man schnell auf eine der drei Projektkontexte, einfach, kompliziert oder komplex,
hinarbeiten.

Abbildung2: Wissenskategorien und Handlungsempfehlungen nach Projektmanagement Kontexten
Abbildung2: Wissenskategorien und Handlungsempfehlungen nach Projektmanagement Kontexten

Die Auswahl der Methode

Im nächsten Schritt wird die Projektmanagementmethode ausgewählt. Hierbei ist darauf zu
achten, dass die Projektmanagementmethoden die Projektmethodenkultur des Unternehmens
widerspiegelt. Die folgende Abbildung zeigt verschiedene klassische, agile und hybride
Projektmanagementmethoden, die jeweils auf den Projektkontext zugeschnitten sind.

Abbildung3: Beispiel Auswahl der richtigen Projektmanagement-Methode nach der Auswahl des Projekt Kontextes
Abbildung3: Beispiel Auswahl der richtigen Projektmanagement-Methode nach der Auswahl des Projekt Kontextes

Weitere Einflussgrößen bei der Auswahl einer Projektmanagementmethode

Ein solcher situativer Ansatz berücksichtigt bei der Gestaltung des Projektes interne als auch
externe Einflussgrößen und verfolgt das Ziel, die Zusammenhänge zwischen der Situation, der
Organisationsstruktur, dem Verhalten der Stakeholder und deren Einfluss auf die Effizienz und
den Erfolg des Projektes aufzuzeigen.

In einer sich verändernden Umgebung sollte die ausgewählte Methode sich nicht laufend
anpassen, sondern sollte über einen gewissen Zeitraum stabil sein, um im Projekt keine Unruhe und Verwirrung zu stiften. Die situative Gestaltung der Projektorganisation sollte sich daher am
dominierenden Projektkontext ausrichten, in dem sich das Unternehmen überwiegend
befindet. Strukturell tiefgreifende Veränderungen des dominierenden Projektkontexts sollten
Anstoß für eine organisatorische Neuausrichtung sein.

Hierbei kann auf die Historie oder der strategischen Ausrichtung des Unternehmens zurückgegriffen werden. In die Betrachtung sollte auch das Entscheidungsverhalten des Projektleiter hineinfließen, da dies die Einflussfaktoren des jeweiligen Projektkontexts selbst verändern kann.

Ein weiterer Einfluss auf den Projektkontext ist der Reifegrad des Projektleiters. Dieser sollte
auf einer hohen Flughöhe alle Projektkontexte abdecken, sodass die Bestimmung des richtigen
Projektkontextes nicht falsch gewichtetet wird.

Hilfestellung nach der Auswahl einer geeigneten Projektmanagementmethode mithilfe des Projektkontextes

Die Abbildung 4 gibt Auskunft darüber, wie ein Projektleiter in Abhängigkeit vom Projektkontext handeln sollte. Dazu gehören das Reagieren auf Gefahrensignale, Kommunikation, Aufgaben, Information und Führung.

Matrix für kontextbedingte Vorgehensweise
Abbildung4: Matrix für kontextbedingte Vorgehensweise

Grenzen und Intension einer situativen Projektmanagement-Methode

Kritisch anzumerken ist hierbei, dass bei der Bestimmung des Projektkontexts nicht sämtliche
relevanten Einflussfaktoren und deren Wechselwirkungen hinreichend berücksichtigt werden
können. Bei der Unterscheidung der Projektkontexte ist die Gefahr einer zu vereinfachenden
Schematisierung der Projektmanagementmethode zu beachten, denn kein Projekt befindet
sich ausschließlich in einem der beschriebenen Projektkontexte.

Vielmehr wird der Projektkontext stets durch Elemente anderer Kontexte teilweise überlagert, wobei der chaotische Kontext eine Ausnahme darstellt. Diese Methode erfordert eine Gratwanderung zwischen deren praktischer Anwendbarkeit (Unternehmensorganisation) und einer ausreichend exakten Bestimmung des jeweiligen Projektkontexts.

Die vielfach beschworene VUKA-Welt vermittelt teilweise den Eindruck, heutzutage müsse jedes
Unternehmen über ein rein agiles Projektvorgehen verfügen. Andererseits fördert ein
kontextorientierter Projektmanagementansatz keine „Lösung für alles“, sondern verfolgt eine
situative Herangehensweise.

Fazit

Die Stacey-Matrix bietet Projektmanagern eine wertvolle Orientierungshilfe bei der Wahl der passenden Methodik, indem sie hilft, die Komplexität und Unsicherheit eines Projekts einzuordnen. Sie zeigt, dass es keine universelle Herangehensweise gibt, sondern dass die Wahl der richtigen Methode situativ getroffen werden muss.

Während bei einfachen Projekten oft traditionelle Ansätze ausreichend sind, erfordern komplexe und dynamische Umgebungen flexiblere, agile Methoden. Die Anwendung der Stacey-Matrix ermöglicht es, fundierte Entscheidungen zu treffen, Risiken zu minimieren und die Erfolgsaussichten eines Projekts zu maximieren. Indem Projektmanager die Matrix als Entscheidungshilfe nutzen, können sie ihre Projekte effizienter steuern und bessere Ergebnisse erzielen.

„In der Komplexität liegt die Kunst des Projektmanagements. Finden Sie den richtigen Weg – und lassen Sie die Stacey-Matrix Ihr Kompass sein.“