Aufgrund ihres interkulturellen Unterschiedes haben Unternehmer mit Migrationshintergrund mindestens zwei kulturelle Referenzsysteme (Bikulturalität) und weisen dadurch mindestens zwei Lösungs- und Verhaltensweisen auf. Wie setzen Unternehmer diese Besonderheit für Ihr eigenes Geschäft um und wie spiegelt sich das in ihrem Unternehmen wider?

Flexibilität, um auf sich ändernde Umweltbedingungen (V.U.C.A.) reagieren zu können, ist heute sehr wichtig. Eine Besonderheit, dass den Umgang mit diesen Änderungen erleichtert, ist es kreativ zu sein. Kreativität kann zu neuartigen und nützlichen Ideen, Produkten, Dienstleistungen oder Verfahren führen, die dann genutzt werden können. Die Forschung zeigt, dass die Kreativität der Menschen auf Kognition, Motivation und sozialen Fähigkeiten wie Neugier, Offenheit, Flexibilität und Risikobereitschaft basiert.

Potenziale von Migranten bleiben oft unerkannt und auch der Einstieg in Unternehmen wird ihnen häufig erschwert und gründen vermehrt selbst Unternehmen. In den Jahren 2013 bis 2017 wurde jede fünfte Existenzgründung durch Migranten realisiert. Darüber hinaus hat die Kombination aus interkulturellem Hintergrund und Kreativität Auswirkungen auf Fach- und, Organisationsberater sowie andere, die mit Einwanderern in Kontakt stehen.

Definition Bikulturalität

Unter Bikulturalismus versteht man die Koexistenz zweier, ehemals getrennt voneinander existierender, Kulturen. Typischerweise tritt diese Erscheinung in Nationen auf, die aufgrund von politischen, geografischen oder sonstigen Gründen in ihrer Entwicklungsgeschichte ab einem bestimmten Punkt Heimat für zwei verschiedene Völker geworden sind.

Unternehmer mit Migrationshintergrund als bikulturelle Personen wahrnehmen

Unternehmer mit Migrationshintergrund sind Personen, die Unternehmen außerhalb ihres Heimatlandes betreiben können und daher mit unterschiedlichen kulturellen (Werte, Praktiken, Bedeutungen) und institutionellen (Gesetze, Normen, Vorschriften, Berufsausbildung) Hintergründen konfrontiert sind.

Als bikulturelle Menschen verinnerlichen mindestens zwei Kulturen und Sprachen und greifen auf unterschiedliche Bedeutungs- und Wertesysteme zurück. Diese erhöhte kognitive Komplexität kann in bikulturellen Menschen zu komplexeren Denk- und Verhaltensmustern führen als bei monokulturellen Menschen. Bikulturalität spielt eine wichtige Rolle im kreativen Prozess, wie z. B. die Interpretation von Inhalten und Barrieren für den kreativen Output. Diese werden durch Tradition, Stil, Trend und Technologie ausgedrückt.

In der Vergangenheit war die Wahrnehmung in der Gesellschaft eher suboptimal, da diesen Menschen kulturelle Grenzen und Identitätsprobleme vorgeworfen wurden. Es stellt sich heraus, dass diese Menschen in der Lage sind, mehrere Perspektiven einzunehmen, die Logik verschiedener Bezugssysteme zu verstehen und mehrere Erfahrungen zu nutzen.

Durch einen Paradigmenwechsel können nicht nur Gründer oder Mitarbeiter, sondern auch Organisationen neue Perspektiven einnehmen und Kollegen und Führungskräfte sensibilisieren. Auf diese Weise können Organisationen das oft übersehene Potenzial dieser Menschen erschließen und optimal nutzen, ihre Motivation steigern und eine Organisationskultur des Vertrauens entwickeln.

Bikulturelle Personen lösen Herausforderungen

Bikulturelle Menschen haben die Fähigkeit, kulturelle Unterschiede in scheinbaren Widersprüchen auf ergänzende Weise zu kombinieren, um Herausforderungen zu bewältigen. Sie kombinieren gegensätzliche Alternativen, wo es keine klare, falsche oder richtige Lösung gibt. So können scheinbar widersprüchliche Werte, Vorstellungen oder Praktiken idealerweise kreativ genutzt werden.

Diese konstruktive Problemlösungsfähigkeit ist es, die gerade in schwierigen Situationen von Vorteil ist. Je mehr Herausforderungen gelöst werden, desto positiver wirken sie sich auf die Organisation aus. Der Umgang mit diesen Herausforderungen ist nicht einfach, fördert aber die Kreativität. Um eine Lösung zu finden, sollten die Unterschiede sich gegenseitig ausgleichen. Bikulturelle Menschen bewegen sich über kulturelle Grenzen hinweg und kombinieren konstruktiv Lösungselemente aus beiden Kulturen.

Der Ansatz, Gegensätze, die häufig eine Herausforderung darstellen, als Bereicherung zu verstehen und für die Organisation zu nutzen, ist sowohl für Fach- und Führungskräfte von großem Wert.

Zusammenfassung

Bikulturalität ist kreativitätsfördernd. Forschung und Praxis können sich daher nicht nur mit den Herausforderungen und Fragestellungen im Umgang mit Zuwanderern auseinandersetzen, sondern auch die vielen Potenziale dieser Personengruppe berücksichtigen, wertschätzen und nutzen. Unternehmer mit Migrationshintergrund können hier hervorragende Impulsgeber und Treiber von Kreativität und Innovation sein.

 Quellen

  • Stein,V. – Interkulturelle Personal- und Organisationsentwicklung. Methoden, Instrumente und Anwendungsfälle, 2010
  • Dheer, R. J.- Entrepreneurship by Immigrants. A Review of Existing Literature and Directions For Future Research. In: International Entrepreneurship and Management Journal, 2018
  • Fitzsimmons, S.R./Miska, C./Stahl, G.: Multicultural Employees. Global Business’ Untapped Resource. In: Organizational Dynamics, 2011